Die Kunst sich selbst zu erfinden
© Strolz

Die Kunst sich selbst zu erfinden

Interview mit Martina Strolz

Martina Strolz ist ein echtes Multitalent. Die freie Grafikerin widmet sich nicht nur ihren kreativen Herzensprojekten, sondern leitet auch gemeinsam mit ihrem Mann Peter Strolz das Restaurant Fux in Lech, das durch seine feine euro-asiatische Küche besticht. Und als wäre das nicht genug, hat Martina Strolz nun auch ihren ersten Jugendroman geschrieben. Im Interview mit La Loupe erzählt die passionierte Grafikerin über die Verbindung von Kulinarik und Interior, ihre Arbeit als Schriftstellerin und starke, afrikanische Elefanten.

L.L. / Frau Strolz, Sie sind als Grafikdesignerin in der Kreativbranche zuhause. Wie beeinflusst Sie die Region Lech Zürs in Ihrem Schaffen?

M.S. / Inspirationen hole ich mir aus dem Leben und der großen Welt, in Lech fügen sich diese zu etwas Neuem zusammen. Um den kreativen Prozess anzukurbeln, ist es für mich unumgänglich, zur Ruhe zu kommen. Das geht nirgends besser als hier. Wir alle folgen so hektischen Lebensentwürfen, dass wir uns selbst kaum noch spüren. Um eine kreative Lösung zu finden, muss man einen leeren Raum öffnen, hineingehen und die Geduld aufbringen, auf die Lösung zu warten. Klingt einfach – ist es nicht. Im konkreten Ablauf schaut das so aus: Ich bekomme einen Auftrag, bin zuerst völlig überfordert, mülle mich mit zig möglichen Lösungsansätzen zu, ohne mich entscheiden zu können. Die erste Verzweiflung macht sich breit. Ich versuche dann abzuschalten und wandere beispielsweise durch den tiefverschneiten Wald von Lech nach Zug. Und plötzlich steht die Lösung dick und stark wie ein afrikanischer Elefant vor mir im Wald. Ich bin immer wieder überrascht, welche Ergebnisse kontemplatives Tun mit sich bringt.

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Restaurant Fux Lech
„Inspirationen hole ich mir aus dem Leben und der großen Welt, in Lech fügen sich diese zu etwas Neuem zusammen.“

L.L. / Sie waren lange als Grafikdesignerin tätig, arbeiten heute aber hauptsächlich freiberuflich. Warum war es Ihnen wichtig diesen Schritt zu gehen? Worin liegen die Unterschiede dieser beiden Arbeitsweisen?

M.S. / Ich bin gewohnt die Dinge, die ich tue, mit Herzblut zu erledigen. In der Werbung hat alles ein Ablaufdatum. Meine Plakate wurden nach der Veranstaltung überklebt, die Hochglanzprospekte für ein Hotel nach der Saison ins Altpapier geworfen. Gemessen an der Energie, die ich in meine Arbeit stecke, fühlte sich das nicht richtig an. Also bin ich dazu übergegangen, zumeist freie Arbeiten zu gestalten. Das ist einerseits befreiend, andererseits unendlich schwer. Es gibt tatsächlich keine größere Herausforderung als ein leeres Blatt Papier ohne konkreten Auftrag.

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„Und plötzlich steht die Lösung dick und stark wie ein afrikanischer Elefant vor mir im Wald.“

L.L. / Gemeinsam mit Ihrem Mann Peter Strolz leiten Sie außerdem das Restaurant Fux in Lech. Hier trifft die europäische auf die asiatische Küche. Woher kommt die Idee für dieses doch eher ungewöhnliche Restaurantkonzept auf 1.450 Meter Seehöhe?

M.S. / Da trifft die Not auf die Tugend. In Lech Zürs wird in allen Hotelrestaurants eine unglaublich hohe Qualität angeboten. Wieso also sollte der Gast den Fuß hinaus aus der gemütlichen Lobby in die kalte Winterwelt setzen, um woanders essen zu gehen? Doch nur, wenn ihn etwas Besonderes lockt. Wir wollten ganz bewusst eine Nische besetzen. Mit seiner euro-asiatischen Küche trifft unser Küchenchef Reinhard Daucher den Geschmack der Zeit: eine leichte Küche mit einer Prise Exotik. Eine Sushiplatte bietet für viele eine willkommene Abwechslung nach Brettljause und Knödeln auf der Ski-Hütte.

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Door project Lech
„Ich bin gewohnt, die Dinge, die ich tue, mit Herzblut zu erledigen.“

L.L. / Das Fux besteht aus einem euro-asiatischen Restaurant und einer Loungebar. Gemeinsam mit Ihrem Mann schufen Sie eine kulinarische Erlebniswelt. Machen sich die unterschiedlichen Küchenstile auch im Interior bemerkbar? Welchen Stil verfolgten Sie bei der Umsetzung der Inneneinrichtung?

M.S. / Wir bieten auch optisch die Abwechslung zur geschnitzten Stube. Das Fux könnte auch in London oder Mailand stehen. Bitte nicht falsch verstehen: Jede geschnitzte Stube in Lech hat ihre absolute Berechtigung, zu sein. Darum kommen die Gäste ja hierher. Bei uns finden sie die Alternative dazu. Wir haben das Küchenkonzept der großen Welt auch im Interior umgesetzt, um eine durchgängige Linie zu wahren.

„Wir versuchen im Fux auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu beeindrucken: Qualität der Küche, Weinbegleitung und Ambiente.“

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L.L. / Mit dem Fux-Restaurant gewannen Sie 2011 den Fallstaff-Designpreis. Was denken Sie, inwiefern bedingen sich Kulinarik und Interior Design?

M.S. / Nun ja, es gibt Studien, wonach die Zufriedenheit eines Restaurantbesuchs maßgeblich durch das Ambiente beeinflusst wird. Die Qualität des Essens steht gar erst an fünfter Stelle. Davor kommen Faktoren wie Freundlichkeit, Licht, Musik, Design. Ich erinnere mich beispielsweise an einen unglaublichen Abend in der Buddha Bar in Paris vor vielen Jahren. Wir waren mehr als begeistert. Aber ich habe keine Ahnung mehr, was ich gegessen habe. Das versuchen wir im Fux besser zu machen und auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu beeindrucken: Qualität der Küche, Weinbegleitung und Ambiente.

„Ich füge in mein Leben immer wieder ganz bewusst Bruchstellen ein.“

L.L. / Sie zeichneten bereits für das Fux Koch-Buch verantwortlich – haben die Texte dazu geschrieben und es grafisch umgesetzt. Nun waren Sie erneut schriftstellerisch tätig, wenn auch in einer ganz anderen Richtung: Sie haben einen Jugendroman geschrieben und sind gerade auf der Suche nach einem Verleger. Woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Schreiben?

M.S. / Ich füge in mein Leben immer wieder ganz bewusst Bruchstellen ein. Trotz der großen Herausforderung, und auch der damit verbundenen Zweifel und Ängste, finde ich es einfach unglaublich spannend, sich immer wieder neu zu erfinden. Wenn mich jemand fragt, warum ich das tue – weil ich es kann! Und weil ich nicht mit 90 bedauern möchte, es nicht zumindest versucht zu haben.

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L.L. / Außerdem sind Sie maßgeblich am Lecher Türprojekt beteiligt und gestalteten dazu die Tür der Lecher Jugend. Können Sie uns bitte ein paar Einblicke in das Konzept der Kunstinstallation geben? Welche Intention stand hinter der Tür der Lecher Jugend?

M.S. / Im Rahmen des Kunstprojektes Grüner Ring, bei dem neun Künstler jeweils eine Tür mitten in der Lecher Bergwelt gestalten durften, wurde ich gebeten, mit der Jugend von Lech zusammenzuarbeiten. Meine Idee war, die Tür in den virtuellen Raum zu heben, der diesen jugendlichen Digital Natives passt wie ein Handschuh. Die Tür selbst ist mit einem QR-Code versehen, der direkt auf die Website: www.lech-heim.at verlinkt ist. Gemeinsam haben wir eine Plattform geschaffen, auf der die Jugendlichen ihren Bezug zu Lech Zürs darstellen können. Sie beantworten Fragen wie: Was ist Heimweh für Dich? Welche Projekte sollten von den Lecher Politikern umgesetzt werden, auch wenn sie ohne Belang für den Tourismus sind? Wenn Du Dir Deinen Traumberuf ausmalst: Denkst Du darüber nach, ob Du ihn in Lech ausüben kannst – das heißt, wie frei bist Du in Deiner Wahl?

Die Plattform ist nach wie vor offen und ich hoffe, es beteiligen sich in Zukunft noch viele Jugendliche daran. Ich möchte ihnen damit ein Instrument geben, in der Gemeinde gehört zu werden.

„Wenn mich jemand fragt, warum ich das tue – weil ich es kann!“

L.L. / Gastronomie, Bücher, Kunst – welche Projekte stehen für Sie in naher Zukunft an?

M.S. / Ein unmittelbares Projekt ist, unser ehemaliges Steakhouse neu zu konzipieren. Auch hier suchen mein Mann und ich eine neue Herausforderung. Den richtigen Mieter für diesen wunderbaren Raum haben wir noch nicht gefunden. Wir lassen uns Zeit dafür, denn wir wollen mit gutem Gewissen dahinter stehen, und es muss sich eine gute Symbiose mit der Bar und dem euro-asiatischen Restaurant ergeben. Handel, Mode, ein Concept Store, eine Galerie... wir sind offen für Vieles. Mal sehen, wer oder was auf uns zukommt. Vielleicht auf einem Spaziergang zwischen Lech und Zug – wer weiß...

Martina Strolz im Wordrap:

Wenn ich bei einem Kreativprojekt feststecke ... schalte ich komplett ab und warte auf den Elefanten. Inzwischen habe ich das Vertrauen, dass er immer irgendwann plötzlich vor mir steht.

Das macht mich ziemlich stolz: Meine letzte Bilderserie, bei der nach monatelanger Entwicklungszeit mit einer Wiener Laserfirma und einem Rahmenbauer die Typografie nun sehr stabil im Raum steht und wunderbare Schatten wirft. Aber das kann man eigentlich nicht beschreiben. Hängt bei uns in der Bar...

Mein Kreativprozess in drei Worten: hirnen, loslassen, handwerken.

Klassisches Plakat oder Werbebanner im Internet? Echt jetzt? Ist die Frage ernst gemeint? (lacht)

Privat verbringe ich die Zeit in Lech Zürs am liebsten mit ... meiner Familie und Freunden – und alle Telefone bitte bitte im Flugmodus. (lacht)

Das esse/trinke ich im Fux am liebsten: Fuxmopolitan. Sushi. Creme Brulée. In dieser Reihenfolge.

Inside story

Martina Strolz, geboren 1971, ist Grafikerin und seit 1997 freiberuflich tätig. Darüber hinaus leitet sie mit ihrem Mann Peter Strolz das euro-asiatische Restaurant Fux in Lech und gestaltete die Tür der Lecher Jugend im Rahmen des Kunstprojekts Grüner Ring. Gerade hat Martina Strolz ihr neuestes Projekt, das Schreiben eines Jugendromans, abgeschlossen.


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