Einst schloss Bernd Gruber als einer der jüngsten Tischlermeister Österreichs seine Ausbildung ab, heute gehört sein Unternehmen zu den renommiertesten Adressen für stilvolles Interior Design. Grundlage für den Erfolg bildet die Tischlerei seines Vaters, die er 1992 übernahm und Schritt für Schritt mit großem Einfühlungsvermögen vom Handwerksbetrieb zum Kompletteinrichter umstrukturierte. Mit La Loupe sprach Bernd Gruber über die Herausforderungen in der Architektur und seine tiefe Verbundenheit zur Kitzbüheler Heimat.
„Kitzbühel ist die perfekte Plattform.“
L.L. / Herr Gruber, als Jugendlicher wollten Sie eigentlich Journalist werden. Stellen Sie sich heute lieber den Fragen oder wären Sie manchmal noch gerne „auf der anderen Seite“?
B.G. / In meinem heutigen Umfeld bin ich permanent mit Fragen und Antworten konfrontiert, natürlich nur bedingt in medialer Hinsicht. Ich habe zum Glück seit langem meinen Weg abseits meines Jugendtraums gefunden.
Allerdings bin ich immer noch sehr an gutem Journalismus interessiert. Was ich dazu heute bemerke ist, dass sich in Zeiten des Internets die freie Meinung merklich reduziert hat. Die Arbeitsweise hat sich durch das Netz verändert, was aber auch positiv zu sehen ist, denn man hat dadurch die Chance, unendlich viel zu bestimmten Themen zu recherchieren. Gleichzeitig hat diese Veränderung dazu beigetragen, dass der eigene freie Gedanke spürbar in den Hintergrund gedrängt wird.
In dem Zusammenhang glaube ich, dass es sehr reizvoll und herausfordernd wäre, diesem Trend entgegenzuwirken.
L.L. / Sie übernahmen 1992 den bestehenden Tischlerbetrieb Ihres Vaters und strukturierten ihn um. Heute gehört Bernd Gruber zu den exklusivsten Interior-Design-Unternehmen Österreichs. Warum war Kitzbühel dafür ein perfekter Standort?
B.G. / Unser Ursprung entstand in einem Umfeld, in dem die Möglichkeiten völlig andere waren. In dieser Zeit mussten wir unsere Interessenten immer wieder davon überzeugen, dass eine hohe Qualität nicht mit niedrigen Preisen in Verbindung stehen kann.
Für mich war es nie von Interesse, Aufträge zu übernehmen, bei denen in erster Linie der Ertrag im Vordergrund steht. Dafür ist mein Anspruch zu hoch und ich bin aus heutiger Sicht froh darüber, dass ich immer die Qualität im Fokus hatte. Dieses Denken hat uns sehr dabei geholfen, Bernd Gruber in Kitzbühel zu etablieren.
Im heutigen geschäftlichen Kontext ist es natürlich von Vorteil im Umfeld seines Kundenkreises präsent zu sein. Kitzbühel braucht man seinen Kunden nicht erklären, dieser Ort erklärt sich von selbst. Unser Unternehmen ist inzwischen zu einem großen Teil auch international tätig, dafür ist Kitzbühel die perfekte Plattform.
Darüber hinaus gibt es in dieser Region eine überdurchschnittliche Qualität an Unternehmen, die notwendig sind, um ganzheitliche Projekte in der von uns angedachten Qualität umzusetzen. Als Architekten und Interior Designer verantworten wir ein Projekt im Gesamten. Diesbezüglich ist es ein großer Vorteil, auf Unternehmen zurückgreifen zu können, die durch ihre Professionalität bereits im Vorfeld Qualität garantieren.
„Die Umgebung, in der man aufwächst und in der man lebt, nimmt mit Sicherheit großen Einfluss auf den Menschen.“
L.L. / Sie gestalteten das Interior von zahlreichen Häusern in Kitzbühel und Umgebung. Was zeichnet Ihre Innenarchitektur aus?
B.G. / Die hohen Anforderungen der Menschen, die in Kitzbühel seit vielen Jahren ihre Wohnsitze errichten, hat den Anspruch in der Region kontinuierlich nach oben entwickelt. Das hat auch dazu geführt, dass vielen Bauherren heute bewusst ist, dass ohne gute Innenarchitektur kein durchgängiges Design und auch keine durchgängige Qualität möglich ist. Es ist uns gelungen, unsere Innenarchitekturabteilung diesem Anspruch anzupassen. Dafür haben wir Architekten und Designer zu uns geholt, die dieses Metier von der Pike auf gelernt haben. Ein Großteil davon hat internationale Erfahrung und bringt dementsprechendes Wissen und Denken mit.
L.L. / Jede Immobilie ist anders, Ihre Handschrift ist aber immer klar zu erkennen. Worin liegen die größten Herausforderungen bei der Konzeption des Interior Designs im Alpenraum?
B.G. / Die Handschrift in der Architektur oder Innenarchitektur ist das Ergebnis der Betrachtungsweise und der Kreativität des Gestalters. Sie ist wie eine DNA zu lesen und wird für den geschulten Betrachter meist erkennbar sein.
In jeglicher Hinsicht ist es eine Schwierigkeit, neue Gedanken in seine Konzepte hineinzubringen – das fällt nicht immer leicht. Kreativität steht nicht immer auf Abruf zur Verfügung und so sehe ich die Herausforderung darin, sich die Zeit zu nehmen, kreativ zu sein. Darüber hinaus sehe ich die größte Problematik darin, seine Auftraggeber und im Besonderen die ausführenden Unternehmen davon zu überzeugen, dass neue Wege ein Umdenken erfordern und Ideen abseits der Norm nicht vorrangig kritisch zu hinterfragen sind.
Wenn man in einem kreativen Betätigungsfeld Altbewährtes und die damit verbundene Sicherheit in den Vordergrund stellt, wird man über das Maß der Mittelmäßigkeit nicht hinauskommen.
„Meine Heimat bietet mir alles, was ich zum Leben brauche.“
L.L. / Die legendäre Sportstadt ist gesegnet mit sanften Grasbergen, schroffen Gebirgsformationen und der Weite des Schwarzsees. Welchen Einfluss hat die einzigartige Naturkulisse auf Ihren Schaffensprozess?
B.G. / Die Umgebung, in der man aufwächst und in der man lebt, nimmt mit Sicherheit großen Einfluss auf den Menschen. Was mich betrifft, so glaube ich, dass mich diese Region sehr geprägt hat. Ich spüre eine sehr starke Bodenständigkeit in mir, die mich immer wieder zu meinen Wurzeln zurückführt. Für meine Arbeit ist es allerdings unabkömmlich, seinen Horizont ständig zu erweitern, deshalb verbringe ich auch immer wieder Zeit außerhalb Kitzbühels.
Meine Heimat bietet mir allerdings alles, was ich zum Leben brauche und hier verbringe ich auch den Großteil meiner Zeit. Dieses Umfeld gibt mir Kraft und Geborgenheit.
L.L. / Welche Materialien kommen bei Projekten in den Kitzbüheler Alpen ganz besonders oft zum Einsatz?
B.G. / Kitzbühel hat ja bekanntlich einen sehr traditionellen Baustil, dem Folge leistend wird viel mit Materialien gearbeitet, die mit dem Begriff Tradition in Verbindung stehen. Für mich wurde in den letzten Jahrzehnten allerdings viel zu viel in eine Richtung gearbeitet. Tradition hat inhaltlich auch mit dem Begriff Weitergabe zu tun und nicht in erster Linie mit Festhalten. Ich bin ein absoluter Befürworter, was die Verwendung von lokalen Materialien angeht, wollte meine Arbeiten aber sehr bewusst nicht auf Altholz und Naturstein beschränken.
„Ich finde es wichtig, Herausforderungen zu meistern und neue Wege zu gehen.“
L.L. / Eichenaltholz, Stein und Fichte treffen bei Bernd Gruber auf Alu und Beton. Wie schaffen Sie es, traditionelle Elemente gekonnt mit modernem Design zu kombinieren? Welche Regeln gelten hier?
B.G. / Für mich gibt es keine Regeln im Allgemeinen. Tradition und Moderne sind ja vielzitierte Begriffe, die in ihren Bedeutungen absolut vordergründig zu sehen sind. Ich finde es aber auch wichtig, Herausforderungen zu meistern, neue Wege zu gehen und nicht ausschließlich an Bestehendem und an der Tradition festzuhalten.
In diesem Zusammenhang versuchen wir sehr bewusst, Neues zu schaffen, das wir mit Respekt dem Traditionellen hinzufügen.
L.L. / Ihre Werkstätten sind in Stuhlfelden in den Pinzgauer Alpen, das Atelier in Aurach bei Kitzbühel. Warum ist es Ihnen wichtig, sowohl Handwerk als auch Design in der Region umzusetzen?
B.G. / Wie bereits festgehalten, sind wir mit unserer Region sehr verwurzelt. Hier ist noch außergewöhnliches Handwerk vorhanden. Vielerorts ist jedoch eine gegenteilige Entwicklung zu spüren. Wir sehen auch eine große Verantwortung darin, gute und lukrative Arbeitsplätze in unserer Region anzubieten. Inzwischen machen wir das mit großem Engagement und greifen diesbezüglich auf unsere inneren Werte zurück, welche wir schon vor vielen Jahren gemeinsam mit unseren Mitarbeitern bestimmt und festgeschrieben haben.
Wenn jemand unsere Betriebe besucht, weiß er, warum wir in diesem Umfeld unseren Mittelpunkt sehen.
„Ich liebe es, in unsere Werkstatt zu gehen, mit unseren Mitarbeitern zu sprechen und zu sehen, mit wie viel Leidenschaft und Können dort gearbeitet wird.“
L.L. / Ein Einfamilienhaus in Los Angeles, ein Chalet in Jochberg und ein Appartement in Marbella – Sie arbeiten auf der ganzen Welt. Auf welche Projekte darf man sich in Zukunft freuen?
B.G. / Zurzeit arbeiten wir an unserem ersten Hotelprojekt, erfreulicherweise in der Region. Außerdem planen wir einige Chalets und Privathäuser in Kitzbühel, eine exklusive Wohnanlage mit fünf Wohnungen in Kitzbühel, zwei Privathäuser in Regensburg und zwei Luxusappartements in München. Weiter stehen Projekte in Luxemburg, Marbella, Ibiza, Bozen und auf den Bahamas auf unserer Auftragsliste.
L.L. / Sie waren einst einer der jüngsten Tischlermeister Österreichs. Vermissen Sie es manchmal, in der Werkstatt zu stehen?
B.G. / Ich liebe es, heute in unsere Werkstatt zu gehen, mit unseren Mitarbeitern zu sprechen und freue mich zu sehen, mit wie viel Leidenschaft und Können dort gearbeitet wird. Ich habe das letzte Mal vor fast 30 Jahren in meinem erlernten Beruf gearbeitet, daher fehlt mir meine ehemalige Tätigkeit nicht wirklich, zudem würde ich mich in dem heutigen Umfeld nicht mehr zurechtfinden. Natürlich gibt es bei uns noch ursprüngliches Handwerk, aber die Zeit ist nicht stehen geblieben und unsere Tischlerei hat mit der vor 30 Jahren nur noch im weitesten Sinne etwas gemeinsam. Das Schöne für mich ist, dass ich mit meinem erlernten Beruf allerdings nach wie vor in Verbindung stehe, lediglich meine Aufgaben haben sich verändert.
Wordrap
Altbau oder Neubau? Beides.
Der wichtigste Ort im Haus: Meist der, wo ich gerade bin.
Kontrast ist ... Gegensatz.
Dieses Designerstück möchte ich unbedingt besitzen: Unbedingtes würde ich eher in der Kunst finden.
Laut oder leise? Nicht zu laut und nicht zu leise.
Inspiration finde ich ... indem ich sie suche.
Bernd Gruber führt heute gemeinsam mit seiner Frau Ruth und Creative Director Philipp Hoflehner das Interior-Design-Unternehmen. Mit den neuen Produktionsstätten in Stuhlfelden sowie dem Atelier und der Ausstellung in Aurach bei Kitzbühel bleibt sowohl Handwerk als auch Design in der Region. Die Vision von Bernd Gruber: Individuelle Konzepte, deren Schönheit die Menschen berührt und bereichert.